Den richtigen Operationsverstärker (kurz: OPV) für ein Projekt auszuwählen kann manchmal schwer sein. Die Vielfalt ist vergleichbar mit der Anzahl der Sterne am Nachthimmel und die Anzahl der Spezifikationen im Datenblatt kann einen leicht überfordern, wie wählt man also den richtigen OPV für sein Projekt? Im Folgenden möchte ich Dir einen Überblick über die wichtigsten Datenblatt Spezifikationen verschaffen. Dieser Leitfaden ist an Elektronik-Anfänger gerichtet, welche tiefer in die Materie Operationsverstärker eintauchen wollen.
Was ist ein Operationsverstärker?
Ein Operationsverstärker ist grundsätzlich ein Differenzverstärker mit sehr hoher Verstärkung (ideal unendlich). Er hat einen nicht-invertierenden und einen invertierenden Eingang, einen Ausgang und natürlich auch noch Anschlüsse für die Stromversorgung. Durch Rückkopplung von Ausgang auf einen der Eingänge können viele verschiedene Schaltungen realisiert werden, z.B. invertierender und nicht-invertierender Verstärker (mit endlicher Verstärkung), Integrator, Differentiator, Tiefpass- und Hochpass-Filter und viele mehr. Für nähere Informationen zu den verschiedenen Grundschaltungen kann ich Texas Instruments’ “AN-20 An Application Guide For Op Amps” empfehlen.
Die wichtigsten Datenblatt Spezifikationen:
1. Versorgungsspannung (Supply Voltage)
Die Versorgungsspannung ist die wichtigste Spezifikation beim OPV. Du findest sie unter „Recommended Operating Conditions“. Ist Deine Versorgungsspannung zu niedrig, wird der Operationsverstärker nicht richtig funktionieren, ist sie zu hoch, kann er sogar beschädigt werden.
2. Gleichtakt-Eingangsspannungsbereich (Input Common Mode Voltage Range)
Diese Spezifikation wird oft übersehen. Der Gleichtakt-Eingangsspannungsbereich gibt den maximal und minimal erlaubten Spannungspegel der Eingänge an, bei dem der OPV fehlerfrei arbeiten kann. OPVs mit „Rail to Rail“-Eingängen besitzen einen Gleichtakt-Eingangsspannungsbereich von V- < Vin < V+, andere benötigen einen bestimmten Abstand zur Versorgungsspannung, um noch zu funktionieren.
Beispiel:
Der typische Gleichtakt-Eingangsspannungsbereich des TL072 schließt die positive Versorgungsspannung mit ein, benötigt aber einen 3V Abstand zur negativen Versorgungsspannung:
V- + 3V < Vin < V+ → Bei 10V Versorgungsspannung beträgt der Eingangsspannungsbereich 3V bis 9V
In den empfohlenen Betriebsbedingungen fügt Texas Instruments eine große Sicherheitsmarge hinzu:
V- + 4V < Vin < V+ – 4V → Bei 10V Versorgungsspannung beträgt der Eingangsspannungsbereich nur mehr 4V bis 6V
Wenn Du deine Schaltung ordentlich auslegen willst, musst Du dich an die empfohlenen Betriebsbedingungen (Minimum Werte) halten. Falls deine Schaltung sowieso ein Einzelstück wird, kannst Du auch mit den typischen Werten arbeiten und den OPV selektieren.
3. Eingangsimpedanz (Input Impedance)
Die Eingangsimpedanz eines OPVs ist besonders interessant, wenn die Ausgangsimpedanz der Signalquelle hoch ist, z. B. bei passiven Gitarren-Tonabnehmern. In diesem Fall kann es sinnvoll sein, einen OPV mit JFET-Eingängen zu verwenden (Eingangsimpedanz bis zu 1000GΩ). OPVs mit bipolaren Eingängen erreichen typischerweise über 10MΩ.
4. Äquivalentes Eingangsrauschen und Typische Oberschwingungsbelastung (Equivalent Input Noise and Typical Harmonic Distortion)
OPVs verstärken nicht nur das Nutzsignal, sie erzeugen auch Oberschwingungen und Rauschen. „Equivalent Input Noise“ und „Typical Harmonic Distortion“ werden entweder separat angegeben, oder zusammen als THD+N.
Für Audioanwendungen ist es essenziell einen OPV mit niedrigem Rauschen und wenig Oberschwingungen auszuwählen.
5. Versorgungsstrom (Supply Current)
Wenn dein Gerät mit Batterien laufen soll, ist es wichtig den Versorgungsstrom im Auge zu behalten. Der Versorgungsstrom (Supply Current oder Quiescent Current) gibt den Stromverbrauch des Operationsverstärkers ohne Last an.
Unglücklicherweise gibt es die Regel, dass OPVs mit geringem Versorgungsstrom ein höheres Rauschen besitzen. Wie Du siehst ist die Wahl des richtigen Bauteils immer ein Kompromiss – Willkommen in der Elektronik 😉
6. Ausgangsimpedanz (Output Impedance)
Die Ausgangsimpedanz ist wichtig, wenn die Lastimpedanz niedrig ist, z.B. bei einer Kopfhörerverstärker-Schaltung. Die Ausgangsimpedanz soll viel niedriger sein, als die Lastimpedanz, ansonsten würde die Ausgangsspannung des OPVs deutlich sinken (Spannungsteiler zwischen Ausgangsimpedanz und Lastimpedanz). Falls Du keine Angaben zur Ausgangsimpedanz im Datenblatt findest, hilft dir die Angabe des Ausgangs-Treiberstroms (Output Source Current) weiter.
Für detaillierte Informationen über die erwähnten Spezifikationen empfehle ich Texas Instruments‘ Understanding Operational Amplifier Specifications.
Wie finde ich den richtigen OPV?
Ich persönlich verwende gerne die Webseite von Texas Instruments, weil man die Suche auf die gewünschten Spezifikationen einschränken kann und dadurch schnell einen passenden OPV findet. Wenn Du auch andere Hersteller in Deine Suche miteinbeziehen möchtest, empfehle ich die Suchfunktion größerer Distributoren, z.B. Mouser.
Ich hoffe dieser Bericht konnte Dir weiterhelfen. Falls Du Gitarre spielst, würde ich mich sehr über einen Besuch der Produkt-Seite dieser Webseite freuen: Mein Unternehmen Songbird FX ist ein Hersteller von hochqualitativen micro-USB aufladbaren Gitarreneffekt-Pedalen.